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Das Schwedter Gedächtnis: Hinter den Kulissen des Stadtarchivs
Seit dem Mittelalter hatte die Kirche in Tauf-, Trau- und Sterberegistern (Kirchenbüchern) den Personenstand der Bevölkerung dokumentiert. Nach Bismarcks Kulturkampf übernahm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Staat diese Aufgaben. Neben den Sterberegistern wurden auch die entsprechenden Geburtenregister von den Standesämtern im jeweiligen Amtsbezirk geführt.
1911 wurde das erste Adressbuch der Stadt Schwedt herausgegeben, das sich ebenfalls im Stadtarchiv befindet. In ihm finden sich Zahlen und Fakten aus dem Jahr 1910: Die Stadtgröße betrug 3 029 Hektar, das Kapitalvermögen 241.900 Mark. Die Stadtbilanz ergab bei der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben 472.300 Mark. An Steuern wurden als Zuschläge
zur Staatseinkommenssteuer 104.900 Mark,
zur Grundsteuer 9.600 Mark,
zur Gewerbesteuer 23.000 Mark und
zur Gebäudesteuer 42.000 Mark eingenommen.
Die Umsatzsteuer ergab 6.767 Mark, die Hundesteuer 3.450 Mark, die Bier- und Brausteuer 5.036 Mark und die Lustbarkeitssteuer 1.236 Mark. Die Offiziere des 1. Brandenburgischen Dragonerregiments Nr. 2 zahlten 1910 2.500 Mark an Steuern.
Schwedt hatte zum Jahresende 9 482 Einwohner. Davon zählten 8 039 Gläubige zur evangelischen Religion, 318 waren katholischen und 173 jüdischen Glaubens.
Die Personenstandsregister sind eine wichtige Quelle für die heutige Familien- und Ahnenforschung. Zur Zeit des Nationalsozialismus erlebten die Personenstandsregister allerdings eine traurige „Berühmtheit". Das Personenstandsgesetz wurde am 3. November 1937 neu geregelt. Die Beurkundung von Geburts- und Sterbefällen wurde weitergeführt, allerdings erhielten die bis dahin existierenden „Heiratsregister" nun die Bezeichnung „Familienbuch". Erstmals wurden die Eintragungen von Einzelpersonen mit Familienaspekten verbunden. Die Angaben zur Religion dienten den Nationalsozialisten zur „rassischen Einordnung" und letztendlich zur Verfolgung der Juden. Die Familienbücher erleichterten es verwandtschaftliche Beziehungen sichtbar zu machen und damit auch jüdische Vorfahren zu identifizieren.