Konferenz anlässlich des 60. Todestages von Emanuel Lasker
Rede von Ministerpräsident Manfred Stolpe zur Eröffnung der Konferenz anlässlich des 60. Todestages von Emanuel Lasker am 12. Januar in Potsdam
Brandenburg und die Landeshauptstadt Potsdam begrüßen Sie zur Konferenz anlässlich des 60. Todestages Emanuel Laskers.
Mir ist es eine besondere Freude, mit Ihnen gemeinsam am heutigen Vormittag diese dreitägige Zusammenkunft zu eröffnen. Im Laufe der Tagung werden Sie spüren, dass die Landeshauptstadt ihre Rolle als Gastgeberin ernst nimmt und diese Stadt Sie mit Offenheit und Herzlichkeit willkommen heißt.
Sie sind zusammengekommen, das Werk eines Mannes zu würdigen, dessen Name zu den fast vergessenen gehört: Emanuel Lasker. Dabei frönte er einer ziemlich populären Sportart, in der er es zu höchster Meisterschaft brachte - dem Schach.
Doch Lasker auf das Thema Schach zu reduzieren, würde nur einen winzigen Teil der Persönlichkeit dieses umfassend gebildeten und vielseitig interessierten Mannes erfassen. Lasker, 1868 in Berlinchen - heute Barlinek - nahe Landsberg an der Warthe als Sohn eines jüdischen Kantors geboren, war ein weltoffener Intellektueller, der seine geistigen Fähigkeiten auf einer beeindruckenden Bandbreite entwickelte. Naturwissenschaftliches analytisches Denken prägte seine Auseinandersetzung mit Mathematik, Philosophie, Psychologie, Politik und Literatur.
So wie sein Geist Hürden und Barrieren überwand, lebte Emanuel Lasker mit Neugier und Selbstverständlichkeit in verschiedenen Ländern und Kulturräumen - zum Beispiel in Deutschland und Holland, in der Schweiz und der Sowjetunion, auch in Berlin und Brandenburg.
Lasker war zu seiner Zeit eine der bekanntesten deutschen Persönlichkeiten im Ausland, man kann mit Fug und Recht behaupten, dass er zu Weltruhm gelangte. Diese Weltgeltung beruhte vor allem auf seinen Erfolgen im Schachspiel: für den Zeiraum von nahezu unwahrscheinlichen 27 Jahren konnte ihm niemand den Titel des Schachweltmeisters streitig machen.
Sein Genius war jedoch weitaus facettenreicher. Diese Konferenz und die gleichzeitig in Buchform erscheinenden neuesten Ergebnisse der Lasker-Forschung werden dazu beitragen, fast Vergessenes oder nahezu Unentdecktes der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Emanuel Lasker war ein politischer Kopf. Wegen seines entschiedenen Eintretens gegen den Nationalsozialismus und seiner jüdischen Herkunft wurden er und seine Familie ins Exil quer durch Europa und schließlich nach Übersee getrieben, wo er im Jahre 1941 starb.
Seine Biografie spiegelt das leidvolle Schicksal vieler jüdischer Intellektueller im Deutschland der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts. Dabei blieb Lasker Zeit seines Lebens, in jeder noch so schwierigen Situation unabhängig und selbständig, liberal und aufgeklärt, bar jeden Opportunismus'. Er war Kosmopolit.
Ich freue mich, dass sich in Brandenburg und Berlin Freunde und Förderer fanden, die mit Engagement, mit finanzieller wie geistige Unterstützung diese Konferenz möglich gemacht haben. Dazu gehört auch Paul Werner Wagner, der während einer politischen Haftstrafe in der DDR des Jahres 1968 auf Emanuel Lasker aufmerksam wurde. Dazu zählen die Schirmherren Prof. Wladyslaw Bartoszewski (Außenminister Polen) und Otto Schily, (Bundesinnenminister). Und um die Reihe fortzusetzen: das Moses Mendelssohn Zentrum Potsdam, das Wilhelm Fraenger Institut, die Bundeszentrale für politische Bildung, der Staatsminister für Kultur und Medien, der Deutsche Schachbund, die Zeitschrift "Schach" sowie die Gemeinde Thyrow und die Stadt Barlinek.
Die Konferenz gibt Einblick in den Stand der wissenschaftlichen Arbeiten über Lasker. Gleichzeitig ermöglicht sie eine fast unmittelbare Begegnung mit ihm - Zeitzeugen und Menschen, die ihm begegneten, werden das Bild dieses außergewöhnlichen Mannes abrunden und vervollständigen. Darüber hinaus werden die Lasker-Forschung wie die Kontakte zwischen Brandenburg und Polen neue Impulse erfahren. Das in Barlinek durch den Marschall von Westpommern, Josef Falinski, in Erinnerung an Emanuel Lasker ins Leben gerufene Zentrum für internationale Jugendbegegnungen bietet dafür einen guten Ansatzpunkt.
Schach ist nicht an Sprache gebunden. Im Gegenteil - seine Internationalität hilft Grenzen zu überwinden. Auch Grenzen im Denken.
In diesem Sinne eröffne ich die Konferenz, wünsche ihr einen erfolgreichen Verlauf, anregende Diskussionen, in die Zukunft reichende Ergebnisse und allen Teilnehmern eine angenehme Zeit in Potsdam und Brandenburg.