Staatskanzlei

Gutachter: Videoüberwachung hat sich in Brandenburg bewährt – Kabinett nimmt Bericht zur Kenntnis

veröffentlicht am 13.12.2005

Die fünfjährige Erprobung der Videoüberwachung an vier Standorten in Brandenburg hat sich nach Ansicht von Experten bewährt. Zu diesem Ergebnis kommen Gutachten in einem Bericht des Innenministeriums, den das Kabinett am Dienstag beschlossen hat. Das Papier wird jetzt dem Landtag zugeleitet. Die Landesregierung spricht sich dafür aus, die erforderlichen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen, um die Videoüberwachung dauerhaft im Brandenburgischen Polizeigesetz festzuschreiben. Ebenso wird eine permanente Aufzeichnung der Videobilder angestrebt. Ziel ist es auch, die dabei gespeicherten Videobilder nach einem Monat zu löschen, wenn sie nicht zur Verfolgung von Straftaten benötigt werden. Der Brandenburger Landtag hatte am 13.12.2000 das Polizeigesetz entsprechend novelliert und die Landesregierung aufgefordert, nach einer Aufbau- und Erprobungsphase von fünf Jahren einen umfassenden Bericht über den Einsatz und die Auswirkungen der Maßnahme zu erstatten. Damit soll eine Entscheidungsgrundlage für den Landtag über die Fortsetzung der Videoüberwachung geschaffen werden. Entsprechend der Gesetzesänderung wurde es der Polizei gestattet, öffentlich zugängliche Straßen und Plätze mittels Videotechnik offen zu überwachen. Im November und Dezember 2001 wurde in Brandenburg an vier Standorten die Videoüberwachung gestartet. Es handelt sich dabei im Einzelnen um den: - Bahnhofvorplatz Potsdam (6 Kameras) - Bahnhofvorplatz Erkner (2 Kameras) - Bahnhofsvorplatz Bernau (2 Kameras) - Außenbereich einer Großdiskothek in Rathenow (3 Kameras). Erstmals in Deutschland wurde das Projekt der Videoüberwachung wissenschaftlich begleitet. Durch wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität Greifswald (Prof. Dr. Bornewasser und Prof. Dr. Classen) wurde jeweils ein Gutachten zur kriminologisch-soziologischen und zur juristischen Bewertung erstellt. Die Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Videoüberwachung in Brandenburg bewährt hat. Das Kriminologisch-soziologische Gutachten weist den dauerhaften Rückgang der Diebstahlsdelikte bei allen Standorten aus. Auch die Gesamtkriminalität entwickelte sich überwiegend positiv, lediglich am Standort Bernau gab es starke Schwankungen. Eine im Vorfeld der Einführung thematisierte Verdrängung von Kriminalität in angrenzende Bereiche der Videoüberwachung konnten die Gutachter nicht feststellen. Im Gegenteil: Sie fanden Ansätze eines positiven Ausstrahlungseffektes. Auch in den angrenzenden Bereichen der Videoüberwachung sank die Kriminalität. Zudem fand die Videoüberwachung laut Experten eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Das juristische Gutachten empfiehlt unter anderem, abweichend vom bisher praktizierten Verfahren solle eine permanente Aufzeichnung stattfinden, wie bereits in einigen Bundesländern praktiziert (Bayer, Bremen, Sachsen, Thüringen). Zurzeit wird nur beim Verdacht einer Straftat aufgezeichnet. Der Gutachter stellt zudem fest, dass die gesetzlichen Regelungen der Videoüberwachung nicht mit datenschutzrechtlichen Belangen kollidieren. Die Videoüberwachung verursachte bisher jährliche Kosten von rund 255.000 Euro. Diese setzen sich aus den Mietkosten der Videotechnik und den Kosten für Datenübertragungsleitungen zusammen. Beim Aufbau der Videotechnik entstanden einmalige Kosten in Höhe von 59.730 Euro. Zur Kriminalitätsentwicklung an den Videostandorten kann gesagt werden, dass an drei von vier Standorten eine Reduzierung der Fallzahlen zu erkennen sind. Die Statistik weist folgende Zahlen aus (2001-2004):
  • Potsdam: Videoüberwachter Bereich -> Rückgang der Kriminalität um ca. 30% (2001: 234 Straftaten; 2004: 164 Straftaten) Angrenzender Bereich -> Rückgang der Kriminalität um ca. 60% (2001: 1395 Straftaten; 2004: 588 Straftaten)
  • Rathenow: Videoüberwachter Bereich -> Rückgang der Kriminalität um ca. 60% (2001: 30 Straftaten; 2004: 12 Straftaten) Angrenzender Bereich -> Rückgang der Kriminalität um ca. 70% (2001: 70 Straftaten; 2004: 20 Straftaten)
  • Erkner: Videoüberwachter Bereich -> Rückgang der Kriminalität um ca. 50% (2001: 182 Straftaten; 2004: 87 Straftaten) Angrenzender Bereich -> Rückgang der Kriminalität um ca. 33% (2001: 79 Straftaten; 2004: 53 Straftaten)
  • Bernau: Videoüberwachter Bereich -> 2002 zunächst schlagartigen Absinken der Kriminalität um ca. 80% (2001: 97 Straftaten; 2002: 20 Straftaten), danach Anstieg in 2004 auf +30% im Vergleich mit 2001 (2001: 97 Straftaten; 2004: 131 Straftaten). Für 2005 ist eine sinkende Tendenz der Kriminalität zu erwarten. Angrenzender Bereich -> leichter Anstieg der Kriminalität um 6% (2001: 451 Straftaten; 2004: 477 Straftaten) auch hier ist für 2005 eine sinkende Tendenz zu erwarten. Die Kriminalitätszahlen der gesamten Stadt Bernau sind im gleichen Zeitraum um 8% gestiegen. Somit ist auch hier keine Verdrängung der Kriminalität erkennbar.
Als Vergleich zu den o.g. Ergebnissen werden die Kriminalitätszahlen im gesamten Land Brandenburg herangezogen. Danach gingen die Fallzahlen von 2000-2004 um 6,5% zurück. Bis auf den Standort Bernau ist also an allen Videostandorten ein deutlicher und überproportionaler Rückgang der Kriminalität zu verzeichnen. Es konnten insgesamt 128 Tatverdächtige an allen Standorten unmittelbar nach Begehung einer Straftat gestellt werden.