Staatskanzlei

Europaurkunde beweist: Aus Nachbarschaft wird Partnerschaft

veröffentlicht am 09.05.2005

Sperrfrist : 18.00 Uhr Ministerpräsident Matthias Platzeck würdigte anlässlich der Überreichung der Europaurkunde an zehn Bürgerinnen und Bürger aus Brandenburg und Polen das besondere Engagement im Alltag für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Der Ministerpräsident erklärte: „Die Politik kann dafür nur die Rahmenbedingungen schaffen. Die Beziehungen im gemeinsamen Haus Europa mit Leben zu erfüllen, ist vor allem Sache der Bürger. Die zehn Ausgezeichneten haben wie viele Brandenburger und Polen erkannt, dass die Oder eine gemeinsame Zukunftsregion werden kann. Das geschieht allerdings nicht von allein. Es bedarf vieler Menschen, die bereit sind, mit Offenheit und viel Neugier auf den Nachbarn zuzugehen und andere zu begeis-tern, das Gleiche zu tun. Ich freue mich, dass durch die Auszeichnung die Öffent-lichkeit von ihrer Arbeit erfährt und wünsche den Ausgezeichneten weiterhin viel Erfolg, Mut und Ausdauer.“ Der Bevollmächtigte des Landes Brandenburg für Bundes- und Europaange-legenheiten, Staatssekretär Gerd Harms, sagte in seiner Laudatio unter an-derem: „Die Verleihung der Europaurkunde bekommt in diesen Tagen fast symbolischen Wert: Die Welt gedenkt der Befreiung von der Hitlerdiktatur. Aber auch die Über-windung der unseligen Teilung Europas in zwei feindselige Blöcke in der Folge der Hitlerdiktatur können wir heute feiern. Zum ersten mal können Polen und Deut-sche in einem freien Europa als gleichberechtigte Partner zusammen arbeiten. Dass dies eine große Aufgabe und große Chance zu gleich ist, empfinden nicht nur die zehn Persönlichkeiten aus Brandenburg und unserem Nachbarland Polen, die wir heute auszeichnen. Ich kann Ihnen sagen, dass es schwer gefallen ist, aus den vielen Vorschlägen die Preisträger auszuwählen. Vorgeschlagen wurden Menschen unterschiedlichsten Alters, unterschiedlicher Herkunft und aus unter-schiedlichen Lebensbereichen: aus Kultur, Wirtschaft, Bildung, Sport und aus dem sozialen Bereich. Doch alle Kandidaten hatten eines gemeinsam: Durch ihr unermüdliches, ehren-amtliches oder weit über das normale Maß der beruflichen Anforderung hinausge-hendes Engagement leben Sie, jeder in seinem Bereich und mit seinen Mitteln, den europäischen Gedanken aktiv und zum Wohle eines gemeinsamen grenz-überschreitenden Miteinanders.“ Liste der Ausgezeichneten: Herr Rudolf Bönisch aus Großräschen ist Organisator der “Großräschener Orgelkonzerte“, zu deren alljährlichem Höhepunkt die „Osteuropäischen Orgelmusiktage“ gehören. Seit 1991 entwickeln sich diese mit internationalen Künstlern besetzten Orgelzyklen, die von Mai bis Oktober in den Kirchen der Stadt und der umliegenden Orte stattfinden, zu einem künstlerisch anerkannten Ereignis und Publikumsmagneten in der Niederlausitz. Bevor sich 1999 der Verein Großräschener Orgelkonzerte e.V. gründete, deren Vorsitzender er ist, organisierte Herr Bönisch die Veranstaltungen in ehrenamtlicher Arbeit im wesentlichen selbst. Herr Horst Drewing aus Frankfurt an der Oder engagiert sich seit über dreißig Jahren in vielfälti-ger ehrenamtlicher Tätigkeit für den Aufbau und die Pflege partnerschaftlicher Beziehungen zwi-schen Menschen diesseits und jenseits der Oder. Bereits in den 70er Jahren initiierte er die Partnerschaft der Städte Seelow und Międzychód, die auch durch vielfältige Begegnungen der Bürger heute noch besteht. Sein besonderes Engagement gilt jedoch der grenzübergreifenden Jugendarbeit, wie zum Beispiel der Organisation von Ferienlagern für Kinder aus Brandenburg und Polen. Für viele Kinder wurden die liebevoll vorbereiteten Treffen zum besonderen Erlebnis. Kinder aus sozial benachteiligten Familien liegen ihm dabei besonders am Herzen. Seine Aktionen für Kinder der vom Hochwasser 1998 besonders betroffenen polnischen Familien, denen er einen Erholungsaufenthalt in Brandenburg ermöglichte, ist vielen Menschen noch in lebhafter Erinnerung. Frau Maria Elikowska-Winkler aus Cottbus engagiert sich seit über 20 Jahren als künstlerische Leiterin des Niedersorbischen Kinder-Ensembles e.V. Das Kinderensemble widmet sich der aktiven Bewahrung und Weiterentwicklung der sorbischen Kultur, pflegt aber auch innerhalb der Euroregion Spree-Neiße-Bober intensive Kontakte mit Polen. Frau Elikowska-Winkler organisiert und betreut bereits seit vielen Jahren gemeinsame Proben und Auftritte von polnischen und deutschen Kindern. Die Kinder sammeln dadurch bereits früh integra-tive Erfahrungen und knüpfen Freundschaften zueinander. Herr Warcislaw Kunc und Herr Reinhard Simon erhalten gemeinsam die Europa-Urkunde für die Initiierung und den Aufbau des Kulturaustausches zwischen Szczecin und Schwedt. Bereits Anfang der 90er Jahre unternahmen beide Herren die ersten Schritte hin auf eine künstle-rische Zusammenarbeit zwischen den Uckermärkischen Bühnen Schwedt und der Oper im Schloss Stettin. Diese Zusammenarbeit war Initialzündung auch für weitere grenzüberschreitende Projekte, z.B. mit dem Modernen Theater Stettin oder der Warschauer Theaterakademie. 1992 fanden dann zum ersten Mal die deutsch-polnischen Theaterbegegnungen „Theater Grenzenlos“ statt. Seitdem gibt es immer wieder gemeinsame deutsch-polnische Koproduktionen. Herr Simon reiste heute zur Verleihung der Europaurkunde aus Warschau an, wo er derzeit das Stück „Inspiration Kafka“ am Teatr Ochoty inszeniert, das Mitte Mai zunächst in Warschau, dann in Schwedt und Stettin und später an weiteren deutschen Bühnen aufgeführt werden wird. Herr Gerard Lemke aus Chojna ist seit mehr als 10 Jahren Vorsitzender des Vereins Chojna-Gryfinoer Vereinigung für ein gemeinsames Europa und hat mit großem ehrenamtlichen Engage-ment die Beziehungen zum deutschen Partnerverein, der Europa-Union Brandenburg, aufgebaut. Inzwischen bestehen zwischen beiden Vereinen enge freundschaftliche und für die Bürger beider-seits der Oder fruchtbringende Beziehungen, die durch Aufrichtigkeit, Toleranz und Verständnis geprägt sind. Herr Bruno Schultz aus Potsdam engagiert sich als Mitglied im Deutsch-Polnischen Länderkreis in der Berlin-Brandenburgischen Auslandsgesellschaft e.V. seit vielen Jahren für den Erhalt und den Ausbau der partnerschaftlichen Beziehungen im Rahmen der Städtepartnerschaft zwischen Potsdam und Opole. Bereits in den 60er Jahren knüpfte er als Mitglied der Gewerkschaft für Lehrer und Erzieher Kon-takte zur polnischen Lehrergemeinschaft. Daraus entstanden grenzüberschreitende Aktivitäten zwischen Bürgerinnen und Bürgern von Potsdam und Opole, die schließlich auch aufgrund seines hohen persönlichen Einsatzes im Jahr 1973 in eine Städtepartnerschaft mündeten. Beide Städte ehrten ihn aus Anlass des 30jährigen Bestehens dieser Partnerschaft. Auch nach der politischen Wende arbeitete er aktiv am Weiterbestehen der über viele Jahre hinweg entstandenen partner-schaftlichen Beziehungen zu Polen. Er sieht den Beitritt Polens zur EU als große Chance, dass sich die beiden Länder in einer gemeinsamen Zukunft einander näher kommen. Herr Peter Strohbach aus Seelow engagiert sich in seiner ehrenamtlichen Arbeit für den THW-Ortsverband für den Auf- und Ausbau eines gemeinsamen Katastrophenschutzes zwischen sei-nem Heimatlandkreis Märkisch-Oderland und den angrenzenden Gemeinden in Polen. Seit vielen Jahren knüpft Herr Strohbach persönliche und fachliche Kontakte zwischen dem THW-Ortsverband Seelow und den Freiwilligen Feuerwehren zu den polnischen Kollegen, den Woje-wodschaftskommandeuren in Lubuskie und Westpommern und den Direktoraten des Zivilschutzes dieser Wojewodschaften. Der THW aus Märkisch-Oderland nimmt seither an Übungen auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr zu Wasser und auf dem Land teil, die auf polnischem Gebiet stattfin-den. Ein Arbeitsschwerpunkt sind - insbesondere nach dem verheerenden Oderhochwasser – gemeinsame Hochwasserabwehrübungen. Herr Burkhard Teichert aus Fürstenwalde setzt sich als Vorsitzender des Landesverbandes Brandenburg der NaturFreunde e.V. seit über einem Jahrzehnt sehr engagiert für den touristischen und soziokulturellen Austausch zwischen West- und Osteuropa ein. Über die Landesgrenzen hinaus bekannt geworden ist das grenzübergreifende Projekt „Europäi-sche Landschaft des Jahres Lebuser Land/Lubuskie 2003/2004“, an dessen Initiierung und Orga-nisation Herr Teichert maßgeblich beteiligt war. Auch zur Einbeziehung Brandenburgs in die öko-logisch-kulturelle Kampagne „Blaue Flüsse für Europa“ trug er wesentlich bei. Seine Basisarbeit dient der europäischen Integration „von unten“. Kulturelle Annäherung und partnerschaftliche Anstrengungen zum Schutz der Landschaft sowie sorgsamer Umgang mit den Ressourcen liegen schließlich im gemeinsamen Interesse aller Menschen in der Brandenburg-Lubuskier Grenzregion. Mit Herrn Dr. Krzysztof Wojciechowski, polnischer Staatsbürger aus Warschau, der heute in Frankfurt an der Oder lebt, wird heute ein Mann ausgezeichnet, der die europäische Integration lebt. Seine Wurzeln liegen in Polen, jedoch mit seinen Gedanken und seinem Handeln ist er Deutschland gleichfalls verbunden. Herr Dr. Wojciechowski hat für die Verständigung zwischen Deutschen und Polen nach der politi-schen Wende in beiden Ländern viel getan. Sein großes Engagement als Koordinator für internati-onale Beziehungen und später Leiter des akademischen Auslandsamtes der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) trug viel bei zur politischen Durchsetzung eines großartigen deutsch-polnischen Hochschulprojektes, dem Collegium Polonicum. Heute ist er als Verwaltungsdirektor des Collegium Polonicum maßgeblich für das Image dieser internationalen Bildungseinrichtung verantwortlich. Journalisten sind zur Teilnahme an der Veranstaltung herzlich eingeladen. Zeit: 17.00 Uhr Ort: Brandenburgsaal der Staatskanzlei