Staatskanzlei

Wie weiter mit dem Aufbau Ost?
Platzeck legt konkrete Vorschläge vor

veröffentlicht am 31.05.2004

In der Diskussion um die Neujustierung des Aufbaus Ost hat Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck konkrete Vorschläge unterbreitet. In der neuen Ausgabe des ifo Schnelldienstes des Ifo Instituts für Wirtschaftsforschung der Universität München nennt er mögliche Kriterien für die Identifizierung industrieller Wachstumskerne in Ostdeutschland, die künftig verstärkt gefördert werden sollen. Platzeck plädiert zudem dafür, Wachstumskerne nicht abschließend festzulegen, sondern das neu justierte Fördersystem für potenzielle weitere Entwicklungen offen zu halten. Zudem ist für Platzeck wichtig, auch dort zu fördern, wo zwar noch kein Wachstumskern entstanden ist, es jedoch gute Wachstumspotenziale gibt. In dem Beitrag begrüßt der brandenburgische Ministerpräsident die Absicht des Bundes, die Fördermittel des Bundes und der Länder künftig noch stärker auf zukunftsträchtige Wirtschaftsbereiche mit hohem Innovationspotenzial zu konzentrieren. Es gehe um eine Stärkung der erfolgreichen oder erfolgversprechenden Branchen und Standorte nach dem Motto „Innovation fordern und fördern“. Als potenzielle Branchen und Standorte in Brandenburg nennt Platzeck beispielsweise die Biotechnologie, die Medizin- und Umwelttechnik, den Medienstandort Potsdam-Babelsberg, die Chemiezentren Schwarzheide und Schwedt, die Verkehrs- und Luftfahrttechnik und die Energiewirtschaft. Der Tourismus sei ebenfalls eine Wachstumsbranche und stelle für viele Gebiete in Brandenburg die einzige Chance zur Schaffung neuer Ar-beitsplätze dar. Bei der Suche nach Kriterien für die Identifizierung industrieller Wachstumskerne dürften nach Einschätzung Platzecks unter anderem die Anzahl und Größe der auf eine bestimmte Branche konzentrierten Unternehmen, die Zukunftsfähigkeit, die gemeinsame Zielrichtung und die Vernetzung mit Wissenschaft und Forschung eine Rolle spielen. Platzeck mahnt, auch bei der Neujustierung der Instrumentarien müsse es weiterhin eine Grundförderung im strukturschwachen Raum geben. Diese Regionen dürften von Hilfen zur Eigenentwicklung nicht abgekoppelt werden. Dennoch müsse festgestellt werden, dass nicht in allen Dörfern gleich gefördert werden kann. „Wir kommen nicht umhin, uns auf die Zugpferde für die Wirtschaft zu konzentrieren. Wenn diese erfolgreich sind, strahlt das auch auf die schwächeren Regionen aus.“ Für die Konzentration der Förderprogramme auf Wachstumskerne kommen nach Einschätzung Platzecks die verschiedenen Förderprogramme des Bundesverkehrsministeri-ums, des Bundesforschungsministeriums, des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundeslandwirtschaftsministeriums in Betracht. Zu einer eventuellen Einbeziehung der Gemeinschaftsaufgabe Wirtschaftsförderung in die Neujustierung stellt Platzeck fest: „Die GA-Wirtschaft ist für die neuen Länder als Instrument zur Kofinanzierung von EU-Mitteln unerlässlich. Diese Kompatibilität muss zwingend erhalten bleiben. Das Finanzvo-lumen der GA-Wirtschaft muss ebenfalls auf hohem Niveau erhalten bleiben. Dies ist durch die im Solidarpakt II von 2005 bis 2019 festgeschriebenen Mittel in Höhe von ins-gesamt 156,5 Mrd. Euro beziehungsweise den aus dieser Summe gespeisten so genann-ten Korb 2 mit 51 Mrd. Euro sicherzustellen.“ Platzeck warnt, eine Kürzung der Investiti-onsmittel der Gemeinschaftsaufgabe Wirtschaftsförderung würde eine tragende Säule des Aufbau Ost gefährden und stünde nicht im Einklang mit dem Solidarpakt II. Als zweiten „Schlüssel“ für einen effektiveren Aufbau Ost sieht Platzeck eine bessere Forschungsförderung an. Auf Grund der Deindustrialisierung nach der Wende und der zu geringen Unternehmensgröße seien in Ostdeutschland forschungs- und entwicklungsintensive Branchen unterproportional vertreten. Dies mache eine Kompensation durch eine verstärkte öffentliche Forschung erforderlich, schlussfolgert Platzeck: „Die Zukunft des Ostens liegt in der Entwicklung und Produktion wissensintensiver Produkte und Dienstleistungen. Es gibt keine Alternative zu einer auf modernem Human- und Sachkapital beruhenden Wirtschaftsstruktur, die in stärkerem Maße als heute exportfähig ist. Hier sind am ehesten nachhaltige Wirtschafts- und Beschäftigungseffekte zu erzielen. Die Verzahnung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft muss weiter gestärkt werden. Ziel ist eine nachhaltige Wertschöpfungskette basierend auf Bildung, Ausbildung, Qualifizie-rung, Unternehmergeist, Ausgründung/Investition und wirtschaftlichem Erfolg.“ Nach Einschätzung Platzecks ist der Aufbau Ost viel mehr eine Erfolgsgeschichte als ein Beispiel für Versagen. Großes sei in den letzten 14 Jahren von allen Deutschen geleistet worden. Der Osten habe Flexibilität bewiesen, der Westen habe finanziell geholfen in dem gemeinsamen Verständnis, gleichwertige Lebensverhältnisse in West und Ost zu schaffen. Platzeck: „Ostdeutschland braucht Zeit und Durchhaltevermögen. Die neuen Länder werden noch über Jahre auf Finanzhilfen und damit auf die Solidarität des Bundes und der wirtschaftlich stärkeren Länder angewiesen sein. Der Osten ist bereit, die Fördermittel künftig noch zielgerichteter einzusetzen. Wir wollen besser werden, wir können besser werden und wir werden besser werden.“