Staatskanzlei

Demografische Entwicklung

veröffentlicht am 12.05.2004

„Wir haben in der Aktuellen Stunde heute morgen bereits festgestellt, dass die Themen Aufbau Ost und demografischer Wandel gemeinsam zu diskutieren sind, auch wenn wir es zeitlich versetzt tun. Die Landesregierung hat in dem Ihnen vorliegenden „Bericht über die demografischen und wirtschaftsstrukturellen Veränderungen in Brandenburg“ eine ehrliche und gründliche Bestandsaufnahme vorgelegt. Wir führen damit konsequent die Arbeit fort, die wir vor gut einem Jahr mit dem Stadtumbaubericht aufgenommen und hier debattiert haben. Vier Trends bestimmen im wesentlichen die Bevölkerungsentwicklung in Brandenburg, auf die wir reagieren müssen: Erstens: Die Geburtenrate im Land liegt seit dem Wendeknick weit – das heißt in einer Größenordnung von 40 bis 50 Prozent – unter dem Niveau, das für eine stabile Bevölkerungsentwicklung erforderlich ist. Die Folgen haben uns in den Kindertagesstätten, den Schulen und beim Wohnungsleerstand längst erreicht. Sie werden alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens nachhaltig beeinflussen. Zweitens: In den zurückliegenden Jahren ist diese Entwicklung in Bezug auf die Zahl der Köpfe durch Zuwanderung von Menschen, vor allem aus Berlin, – nicht in Bezug auf die Altersstruktur – weitgehend ausgeglichen worden. Dieser Sondertrend ist nach den neusten Zahlen und Erkenntnissen zu einem Ende gekommen; inzwischen verliert auch Brandenburg Einwohner, vor allem jüngere, gut ausgebildete, durch Abwanderung. Drittens: Gleichzeitig werden die Menschen im Land, was erfreulich ist, durchschnittlich immer älter. Dies verstärkt in Zusammenhang mit den vorgenannten Punkten die Überalterung der Gesellschaft. Viertens: Ein spezifisches Problem Brandenburgs ist die sehr unterschiedliche räumliche Entwicklung, die unsere Handlungsprobleme verschärft. Im äußeren Bereich müssen wir erhebliche Anstrengungen unternehmen, um Dörfer und Städte lebensfähig zu halten., zum Beispiel durch geordneten Rückbau, während wir um Berlin die öffentliche Infrastruktur noch ausbauen müssen. Ich will nicht die unterschiedlichen Erklärungsansätze erläutern, die die Wissenschaft anbietet, zumal wir in fast allen Ländern Europas ähnliche, wenn auch unterschiedlich drastische Bilder sehen. In den neuen Ländern sind die Geburtenzahlen in beispielloser Weise regelrecht eingebrochen. Dies setzte Mitte der 80er Jahre ein und erreichte mit der Wende seinen Höhepunkt Anfang der 90er. Offensichtlich hat die Unzufriedenheit mit und die Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche und sozialpolitische Entwicklung dazu geführt, das Familiengründungen und Kinderwünsche zurück gestellt wurden. Dies wirkt bis heute nach. Und deshalb muss auch an dieser Stelle die Therapie ansetzen. Wir brauchen Zuversicht insbesondere über die wirtschaftliche Entwicklung im Land. Deshalb ist die Diskussion um den Aufbau Ost notwendig und richtig. Aber: Sie muss auch bald zu Ergebnissen kommen, die den Umständen gerecht werden. Der Aufbau Ost entscheidet über die Zukunft in den Neuen Ländern. Wenn ich also die Solidarität des Bundes und der Westländer für unabdingbar erkläre, geht es mir nicht um Almosen. Es geht mir um die gemeinsame Zukunft, um den beiderseitigen Vorteil. Die jahrzehntelange Solidarität der Westländer mit Bayern hat Bayern stark gemacht. Über Jahrzehnte wurde in Westdeutschland die Zonenrandförderung nicht in Frage gestellt. Solidarität war das prägende Element des Länderfinanzausgleich. Sie ist es noch heute. Das muss so bleiben. Die notwendige Reform unserer bundesstaatlichen Ordnung darf nicht das Ziel aus den Augen verlieren, auch die innere Einheit Deutschlands herzustellen, das heißt die Lebensverhältnisse in Ost und West weiter anzugleichen. Das Ergebnis der Kommissionsberatungen darf nicht eine Entsolidarisierung zwischen den Ländern sein! Solidarität ist auch das Gebot für die Entwicklung im Land. Angesichts der Diskussion um Wachstumskerne, der wir uns stellen, müssen wir gleichzeitig die Regionen stützen, denen es an Kraft mangelt und die in besonderer Weise von der demografischen Entwicklung betroffen sind. So unterschiedlich die räumlichen, wirtschaftlichen und sozialen Strukturen auch sind, ich werde nicht von dem Anspruch herunter gehen, dass im Rahmen der Unterschiedlichkeit von Lebensstilen gewährleistet ist, dass alle erforderlichen öffentlichen Dienstleistungen im ganzen Land unter vergleichbaren und akzeptablen Bedingungen für alle Bürgerinnen und Bürger zugänglich sind. Ich räume ein: das ist eine schwierige Gratwanderung, umso mehr, als Deutschland eine ausgeprägte Wachstumsschwäche zeigt und sich die öffentlichen Haushalte in einer tiefen Finanzkrise befindet. Die Debatte um die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland hat ihren Ursprung nicht in der deutschen Einheit. Vielmehr sind notwendige Anpassungen schon in den achtziger Jahren bis in die 90’er aus Angst umgangen worden. Der Bericht der Landesregierung enthält ausführliche Darstellungen und Bewertungen zu den Auswirkungen der demografischen Entwicklung in allen Politikfeldern. Mich treibt insbesondere der Abwanderungstrend und die mangelnde Bereitschaft, in unserem Land eine Familie zu gründen, um. Für mich heißt die Konsequenz: Wir müssen in der Bundes- und in der Landespolitik mehr tun für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, gleiche Bildungschancen, Schaffung von Arbeitsplätzen, Stärkung des Wirtschaftsstandortes, und Ausbau von Wissenschaft verknüpft mit Innovationsbereitschaft und –fähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft. Deutschland hat weltweit die höchste Zahl an Kinderlosen; insbesondere Gut- und Hochqualifizierte bleiben zunehmend ohne Nachwuchs. Wir wissen, dass sich die Entscheidung zwischen Kind und Karriere vor allem beim ersten Kind stellt. Wir wissen aber auch, dass die Frauen in Brandenburg sich Kinder wünschen. Und wenn wir den Wunsch einer großen Zahl von Frauen unseres Landes, Kinder mit einer vollen Erwerbstätigkeit zu vereinbaren, Ernst nehmen, dann ist völlig klar, wo die Prioritäten unserer Politik liegen müssen. Daher müssen wir an unserer guten Versorgung mit Kita-Plätzen und an unserer Strategie zur flächendeckenden Versorgung des Landes mit Ganztagsschulen festhalten. Denn wir können nicht über Familienfreundlichkeit sprechen und die Standards weiter zurückfahren. Brandenburg belegt bei der Versorgung mit Kita-Plätzen im bundesdeutschen Vergleich einen Spitzenplatz. Darauf sind wir stolz – auch wenn aus den alten Ländern immer wieder Stimmen zu vernehmen sind, dass wir es uns eigentlich gar nicht leisten sollten. Trotzdem bleibt diese Strategie richtig – denn ohne Kinder keine Zukunft. Die Ganztagsschule leistet einen Beitrag zur Entlastung von Familien. Bereits heute gibt es im Land 78 Ganztagsschulen und wir wollen eine flächendeckende Versorgung erreichen. Das Investitionsprogramm der Bundesregierung ist dabei eine wertvolle Hilfe. Aber auch Unternehmen können durch familienfreundliche Arbeitsbedingungen einen wichtigen Beitrag leisten. Sie sichern sich für die Zukunft Wettbewerbsvorteile und wirken dem prognostizierten Fachkräftemangel entgegen. Entsprechende Konzepte haben bisher erst wenige Unternehmen umgesetzt. Um diese noch stärker zu sensibilisieren, beteiligt sich das Land an der EU-Gemeinschaftsinitiative EQUAL. Hier werden exemplarische Lösungsansätze entwickelt, wie in Kooperation mit Unternehmen berufliche Wiedereingliederung, flexible Kinderbetreuung, Zeitmanagement, Mobilitätshilfen und familienfreundliche Arbeitsbedingungen verbessert werden können. Im Rahmen des Projekts werden den Unternehmen ihre dadurch bedingten Wirtschafts- und Wettbewerbsvorteile aufgezeigt. In der Bildung und Ausbildung unserer Kinder liegt die Zukunft der Gesellschaft. Den aktuellen Herausforderungen des demografischen Wandels hat sich die Bildungspolitik bereits insgesamt gestellt. Der Schülerrückgang aufgrund des Geburtenknicks nach der Wende hat die Sekundarstufe I erreicht. Mit unseren Maßnahmen – das sind allesamt teure Maßnahmen! - konnte aber in einigen Grundzentren die Schule gesichert werden. Eine erfolgreiche Reaktion auf den Geburtenrückgang in der Primarstufe sind die so genannten Kleinen Grundschulen, die im ländlichen Raum ein vollständiges Bildungsangebot sichern. Zentrale Voraussetzung, dass Menschen im Land bleiben und Familien gründen, bilden attraktive, zukunftssichere Arbeitsplätze. Die Diskussion um Wachstumskerne hat viele falsche Zungenschläge hervor gebracht. Sie dreht sich aber um eine berechtigte Frage: Welche Voraussetzungen müssen Standorte bieten, damit vorhandene Unternehmen gut wachsen und neue an einer Ansiedlung interessiert sind. Die Zuständigkeit für wichtige Voraussetzungen liegt bei der Bundespolitik. Sie sind im Wesentlichen Gegenstand der Agenda 2010, also: Steuerpolitik und Arbeitsmarktreformen . Die Konzentration der Landes-Förderung auf Branchen und Standorte steht in Einklang mit der jüngsten Initiative von Bundesminister Stolpe, auch Fördermittel des Bundes auf Wachstumskerne und –branchen auszurichten. Dabei werden die strukturschwachen und die ländlichen Räume nicht von der Entwicklung abgehängt. Schließlich lebt auch der ländliche Raum vom Arbeitsplatzangebot und den Dienstleistungen der Wachstumskerne. Ich verweise auf Schwarzheide, Schwedt, Eisenhüttenstadt und Rathenow. Innovation und technologischer Fortschritt sind weltweit und seit Menschengedenken die treibenden Kräfte für die wirtschaftliche Entwicklung. Deshalb setze ich in Brandenburg auf eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Ziel ist eine nachhaltige Wertschöpfungskette basierend auf guter Ausbildungsbasis, Unternehmergeist und Erfindertum, Ausgründung, Investition und wirtschaftlichem Erfolg. Eine wesentliche Aufgabe für die Zukunft kommt bei der Fortentwicklung innovativer Strukturen der Sicherung des notwendigen Fachkräftebedarfs zu. Mit der aktuellen Innopunkt-Kampagne „Mehr Chancen für ältere Fachkräfte“ reagieren wir bereits darauf. Dieser Ideenwettbewerb soll an Best-Practice-Beispiele in Unternehmen schaffen, um nicht nur das kreative Potenzial und die beruflichen Kenntnisse der älteren Beschäftigten besser zu nutzen, sondern auch brachliegendes Know-how arbeitsloser Fachkräfte mit einem veränderten Anwerbungsverhalten der Unternehmen diesen arbeitslosen Fachkräften gegenüber zu erschließen. Die demografische Entwicklung erfordert ein Mehr an Steuerung: in allen Politikfeldern, auf allen staatlichen Ebenen, in der Wirtschaft. Wir werden Veränderungen akzeptieren und gestalten müssen, aber dies ist kein Horrorszenario. Andere Länder mit dünner Besiedlung und alternder Gesellschaft zeigen, dass demografischer Wandel beherrschbar ist, dass kluge politische Lösungen sogar Spitzenleistungen möglich machen, wie nicht nur der Norden Europas zeigt. Ich habe eingangs auf die unterschiedlichen Problemstellungen für den äußeren Bereich des Landes und den Berlinnahen Bereich hingewiesen. Angesichts der prognostizierten Bevölkerungsrückgangs im äußeren Raum steht die Trag- und Zukunftsfähigkeit unseres gegenwärtigen Zentrale-Orte-Systems auf dem Prüfstand. Wir wollen die Ankerfunktionen, die kleine wie größere Städte als Zentrale Orte für „ihre“ jeweilige Region haben, erhalten. Wir können nicht alles überall, aber wir müssen das Unabdingbare in erreichbarer Nähe anbieten. Hierbei spielt die Arbeitsteilung zwischen Gemeinden eine zunehmende Rolle. Wesentliche Impulse müssen von der Entwicklung in den industriell geprägten Städten ausgehen. Aber unser Brandenburg ist naturräumlich und kulturhistorisch auch durch das Leben auf dem Lande geprägt. Der ländliche Raum hat deshalb neben der Zentrenentwicklung eine wichtige Bedeutung für die Entwicklung unseres Landes. Inhaltliche und räumliche Schwerpunktsetzungen stehen auch bei der integrierten ländlichen Entwicklung an, um die Voraussetzungen für das Leben in den Dörfern und kleinen Städten auf dem Lande zu erhalten. Im ländlichen Raum bleibt der Tourismus ein wichtiges Standbein. Unsere einmaligen Naturraumpotenziale in Verbindung mit den Kur- und Erholungsorten stellen einen wichtigen Standortvorteil dar und werden insbesondere für den Wasser- und Radtourismus, aber auch beim Ausbau der Gesundheitswirtschaft genutzt werden. Zur Aufrechterhaltung der Versorgung insbesondere in schwach besiedelten Räumen sind öffentliche Dienstleistungen wo nötig zu konzentrieren, oder durch mobile Dienste zu ersetzen. Beim ÖPNV haben wir bereits Erfahrungen bei der Gestaltung von flexiblen Verkehrsangeboten für den schwach besiedelten ländlichen Raum z. B. in den Kreisen Barnim und Uckermark sammeln können. Ein durch Wegzug vor die Tore der Städte oder auch in die Ferne verursachtes Problem ist der Wohnungsleerstand und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Es ist wahrscheinlich, dass es sich bei den beschriebenen demografischen Trends um dauerhaft auftretende Erscheinungen handelt und wir den Stadtumbauprozess im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten fortsetzen müssen. Dabei ist es gerade der Umbau unter der Erde, der besonders dringend und zugleich besonders teuer ist. Anpassung von Verwaltungs- und Versorgungsangeboten muss nicht Streichung oder Schließung heißen. Zusammenarbeit und Arbeitsteilung bergen große Optimierungschancen: Brandenburg hat Grenzen zu fünf Ländern und zur Republik Polen. Die intensivsten Beziehungen unterhält das Land Brandenburg aufgrund der vielfältigen Verflechtungen mit Berlin. Betreuung, Bildung, Forschung, Ausbildung, Arbeitsmarkt, Kultur, Einzelhandel, Kommunikation, Verkehr, Wasser, Energie, Abfall sind Bereiche, wo Nachbarschaft funktioniert und auch weiter ausgebaut werden muss. Die Beziehungen zur Republik Polen und unseren Nachbarwojewodschaften werden sich nach der EU-Osterweiterung noch verstärken. Als Beispiel für sinnstiftende Kooperation sei die Zusammenarbeit zwischen Klinikum Uckermark und der medizinischen Akademie in Stettin genannt. Was die Struktur der Gemeinden im Land betrifft sind wir gerüstet, die demografischen Herausforderung anzunehmen. Die Gemeindegebietsreform wird in Brandenburg leistungsfähigere Verwaltungsstrukturen schaffen. Die Landesregierung treibt die Verwaltungsmodernisierung auf allen Gebieten voran. Dazu gehört auch der Ausbau des sogenannten eGovernment, also die zur Vefügungstellung von öffentlichen Dienstleistungen auf elektronischem Wege. Die im Jahre 2002 beschlossene eGovernment-Strategie des Landes wird derzeit durch einen entsprechenden Masterplan konkretisiert. Viele Projekte werden den Bürgern und der Wirtschaft ihre vielfältigen Verwaltungskontakte erleichtern. Diese Form des Verwaltungszugangs ist in einem teilweise dünn besiedelten Flächenland von geradezu strategischer Bedeutung. Die laufende Legislaturperiode steht kurz vor dem Ende. Die mit der demografischen Entwicklung verbundenen Probleme und Chancen werden eine zentrale Aufgabe der nächsten Landesregierung sein. Ich komme deshalb noch einmal zurück auf unsere Diskussion heute Morgen. Die Bevölkerungsentwicklung verschärft die kritische Finanzlage und engt die politischen Handlungsspielräume ein, denn weniger Einwohner bedeuten auch: weniger Einnahmen des Landes. Die Einwohnerzahl ist Maßstab für den horizontalen und vertikalen Länderfinanzausgleich sowie für zweckgebundene Zuweisungen. Jeder Einwohner weniger bedeutet nach derzeitiger Betrachtung für Brandenburg im Schnitt 2.300 € pro Jahr weniger. Diese Verluste treten also zu den degressiv bis zum Jahr 2019 auslaufenden Soli II-Mitteln und der im gleichen Zeitraum voraussichtlich ebenfalls auslaufenden Ziel-1-Förderung der EU hinzu. Würden wir nicht gegensteuern, müsste die Kreditfinanzierungsquote des Landeshaushalts auf 30% steigen, die Schulden pro Einwohner würden sich grob prognostiziert von heute knapp 6.000 € auf mehr als 20.000 € erhöhen. Die Zinsverpflichtungen, heute 16 % der Steuern und steuerinduzierten Einnahmen, würden bis 2020 auf 40% klettern. Der landespolitische Handlungsspielraum wäre bis zum Jahr 2020 längst bei Null angekommen. Aus diesem Grund wird es für die Zukunft nötig, neben den eben skizzierten Maßnahmen alle neuen, aber auch alle bereits bestehenden Programme, Pläne und Projekte dahingehend zu überprüfen, ob sie den mittel- bis langfristigen Erfordernissen des demografischen Wandels gerecht werden. Dieses Prüferfordernis gilt gleichfalls hinsichtlich der Wirksamkeit des Einsatzes öffentlicher Mittel bei der Umsetzung der Förderprogramme von EU, Bund und Land. Ich habe eingangs von der Solidarität gesprochen, die ich auf Bundesebene einfordere, die wir aber alle im Land üben müssen. Alle von mir erwähnten Maßnahme können nur dann zum Tragen kommen, wenn wir auch unter einander solidarisch sind. Fachpolitiker genauso wie regional Zuständige. Wir müssen den äußeren Räumen in der Zukunft viel zumuten, das ist weitaus schwieriger als im Berlinnahen Raum für Zeiträume auf bestimmte Leistungen zu verzichten, sei es der Bau einer Schule oder von Straßen. Hier muss das Land zusammenstehen, wie ich es auch von ganz Deutschland erwarte. Für die Herausforderungen, vor die uns die demografische Entwicklung stellt, gibt es keine Patentrezepte und keinen Raum für Zuständigkeitsdenken. Noch nie stand eine entwickelte Gesellschaft vor derart massiven demografischen Herausforderungen. Und niemand darf darauf hoffen und warten, dass es der Andere schon richten werde. Wir alle sind gefordert: Vom Bund erwarten wir Lösungen zum Erhalt der Funktionsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme und bei der Ost-West-Angleichung. Gemeinden, Landkreise und Regionen sind gefordert, innovative Lösungen zur Sicherung der Daseinsvorsorge in den schwach besiedelten Teilen des Landes zu entwickeln. Die Wirtschaft muss sich in die Verantwortung nehmen lassen für die Schaffung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie der Gestaltung von kinder- und familiengerechten Beschäftigungsbedingungen. Alle Bürgerinnen und Bürger müssen in eigener Verantwortung ihr Leben und die Lebensbedingungen ihrer Familie gestalten so wie Nichtregierungs- Organisationen denen helfen müssen, die sich nicht selbst helfen können. Nachbarschaftshilfe und Ehrenamt sind unverzichtbar. Die Landesregierung arbeitet, aufbauend auf dem vorliegenden Bericht, an einem Handlungskonzept zur Gestaltung des demografischen Wandels. Sie wird Strategien und Maßnahmen weiterentwickeln, um dort wo es möglich ist, die Entwicklung zu beeinflussen, und in anderen Fällen den Strukturwandel zu gestalten Die Debatte muss überall geführt werden. Erörtern Sie die dargestellten Entwicklungen und die Auswirkungen auf die einzelnen Politikfelder hier im Parlament und in den Fachausschüssen. Erörtern Sie Probleme und Lösungen in den Gemeindevertretungen, Kreistagen und Regionalversammlungen. Beziehen Sie die Bürgerinnen und Bürger in den Dialog ein. Ich bin sicher, dass wir tragfähige Lösungen erarbeiten werden, die unser Land auch weiterhin lebenswert erhalten. Ich befürworte einen offenen und ehrlich geführten Dialog zwischen allen gesellschaftlichen Gruppen, Bürgern und Verwaltungen, einen Wettbewerb um die besten Ideen und Konzepte, die Mitwirkung von allen Akteuren auf kommunaler und regionaler Ebene bei der Suche nach intelligenten Vorort-Lösungen und die Übernahme ihrer jeweiligen Verantwortung bei der Umsetzung, denn wir alle wissen doch aus eigener Erfahrung: Vieles hängt von den handelnden Personen in unseren Städten und Gemeinden ab.“